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Synthetische Treibstoffe: «Viele Meinungen und wenig Fakten»

Synthetische Treibstoffe könnten in Zukunft auch für Fahrzeuge der Post eine interessante Alternative zu Batterieantrieb und Wasserstoff sein. Im Interview erklärt der Fach-Verantwortliche, Dominik Saner, die Vor- und Nachteile. Und es gibt noch ein paar offene Fragen.

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Postauto

Vermehrt sind synthetische Treibstoffe ein Thema, wenn es um alternative Antriebe geht. Dominik Saner, was muss man sich darunter vorstellen?

Synthetische Treibstoffe sind künstlich hergestellte Treibstoffe mit den gleichen Eigenschaften wie Diesel, der aus Erdöl gewonnen wird.

Woher kommen diese Treibstoffe?

Lange Zeit hat man sie aus Biomasse gewonnen (Stichwort: Biodiesel). Weil immer grössere Flächen für den Gewinn von Biodiesel statt für Lebensmittel bebaut wurden, gab es aber Kritik. Deshalb konzentrierte man sich danach auf Abfallstoffe (Fette, Seifen, Lebensmittel-Abfälle) – auch Logistik-Services und PostAuto setzen solche Biodiesel seit längerem ein. Heute versucht man, synthetische Treibstoffe mit Hilfe von erneuerbarem Strom herzustellen. Dabei produziert man aus Wasser Wasserstoff (H2) und bringt ihn mit Kohlenstoff (C) zusammen, das ergibt einen sogenannten E-Diesel.

Kommen diese neuen synthetischen Treibstoffe aus der Schweiz?

Noch nicht. Derzeit werden weltweit kaum grosse Mengen produziert. Die Herstellung findet hauptsächlich zu Forschungszwecken statt.

Welches sind die Vor- und Nachteile von synthetischen Treibstoffen?

Man kann Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren grundsätzlich weiterhin betreiben. Gleiches gilt auch für die Tankstellen-Infrastruktur. Wenn synthetische Treibstoffe mit Hilfe von erneuerbarer Energie hergestellt werden, sind sie zudem CO2-neutral. Aber es findet nach wie vor ein Verbrennungsprozess statt, wodurch Stickoxide, Feinstaub und Lärm entstehen.

Wo stehen die synthetischen Treibstoffe im Verhältnis zu Wasserstoff (H2)?

Die Betankungszeiten und die Reichweiten sind vergleichbar. Daneben gibt es bei beiden Kraftstoffen Vor- und Nachteile. Synthetische Treibstoffe sind beispielsweise noch eine Stufe ineffizienter als H2, d. h. man muss nochmals mehr Energie für die Herstellung von E-Diesel aufwenden, als das für H2 der Fall ist. Man kann synthetische Treibstoffe aber leichter transportieren, weil sie flüssig sind und damit viel Energie pro Volumen enthalten. Für die Wasserstoff-Betankung braucht es eine neue Infrastruktur, im Vergleich zu synthetischen Treibstoffen hat H2 aber keinen Schadstoff-Ausstoss. 

Welches sind die grössten Hürden bei der Einführung?

Die grössten Herausforderungen dürften vor allem zu Beginn die Kosten für die Produktion und die Verteilung innerhalb der Schweiz sein, wenn wir synthetische Treibstoffe flächendeckend einsetzen möchten.

Wie steht PostAuto zur Einführung von synthetischen Treibstoffen?

Bei PostAuto haben wir das Ziel, unsere Flotte bis 2040 fossilfrei zu betreiben. Ab 2028 dürften wir dadurch nur noch Fahrzeuge mit Batterien oder Brennstoffzellen beschaffen. Synthetische Treibstoffe könnten deshalb eine Lösung sein für Fahrzeuge, für die es in sechs Jahren noch keine Alternativen gibt (bspw. Hochboden-Fahrzeuge). Das betrifft Fahrzeuge mit insgesamt 10% unseres Dieselverbrauchs.

Und wie ist die Haltung bei der Post?

Im Post-Konzern könnten synthetische Treibstoffe vor allem für die Stückgut-Logistik und die Paket- und Brief-Logistik zwischen den Sortierzentren interessant sein, man hat sich dazu aber noch keine allzu detaillierten Überlegungen gemacht. In der Luftfahrt sind diese Treibstoffe derzeit ein grosses Thema. Grundsätzlich gibt es aktuell viele Meinungen zum Thema und wenig Fakten. Die Diskussion ist sehr ideologisch geprägt. Es gibt Batterie-, H2- und E-Diesel-Befürworter. Deshalb möchten wir Wasserstoff und synthetische Treibstoffe innerhalb des Post-Konzerns thematisieren und die Fachleute und Entscheidungsträger an einen Tisch bringen. Wir wollen herausfinden, wie sich die Wirtschaftlichkeit der alternativen Antriebe (Batterie-elektrisch, Brennstoffzellen oder synthetische Treibstoffe) in den nächsten Jahren angewandt für die Post entwickeln könnte. Letztlich geht es um die Frage, was uns ein Kilometer mit jeder dieser Technologien kostet. Mit diesen Angaben wollen wir die Diskussionen weg von der ideologischen hin auf eine sachliche Ebene bringen und danach die weiteren Schritte festlegen.

Dominik Saner
Dominik Saner