Hintergründe, Menschen

David Dubuis, Postauto-Fahrer im Rollstuhl

Ein Querschnittgelähmter, der als Postauto-Fahrer arbeitet? Das gibt es. David Dubuis befördert seit fünf Jahren die Fahrgäste in der Region Savièse im Wallis. Hier gibt der 40-Jährige Einblicke in seine Geschichte.

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In der Region Savièse, wo er wohnt, sitzt David Dubuis im Rollstuhl, im Hintergrund steht sein Postauto.

Im Rollstuhl nähert sich David Dubuis der Vordertür des Postautos. Er wartet nicht auf den Fahrer, der ihm beim Einsteigen hilft. Denn er ist der Fahrer. Seit elf Jahren ist David ein «inkompletter Paraplegiker»: Bei einer Parese ist das Rückenmark nicht vollständig durchtrennt, er kann aufstehen und ein paar Meter zu Fuss zurücklegen. Doch 98 Prozent seines Alltags verbringt er im Rollstuhl. David steht auf, zieht sich geschickt ins Postauto und hievt von dort den Rollstuhl nach oben. Er befestigt ihn an der Stange der Tür und setzt sich ins Cockpit. Obschon die Beweglichkeit des ehemaligen Sportfreaks stark beeinträchtigt ist, kann er die Pedale gleich gut bedienen wie seine nicht gehbehinderten Kolleginnen und Kollegen. Kein einziges Fahrzeug musste für ihn umgebaut werden, auch nicht sein Privatauto. In seinem 60-Prozent-Pensum fährt David die Postauto-Fahrgäste sicher durch die Region Sion–Savièse–Anzère und im Sommer auch über die kurvigen und steilen Strassen hoch zum Sanetschpass.

Siebenstündige Operation

David Dubuis ist gelernter Landwirt und arbeitete während acht Jahren in verschiedenen anderen Berufen, um zusätzliche Erfahrungen zu sammeln. So auch bei einer Firma, die Böschungen entlang von Strassen und Schienen pflegt. Bei einem solchen Einsatz fiel er im November 2011 von einem Baum und landete mit dem Rücken auf der Wurzel. David wurde schwer verletzt und im Spital CHUV in Lausanne über sieben Stunden lang operiert. Er brauchte Jahre, um wörtlich wieder auf die Beine zu kommen. Wieder als Landwirt zu arbeiten, wäre undenkbar gewesen. Ein volles Arbeitspensum könnte er nicht bewältigen, denn er braucht viel Zeit für seine Therapien, Trainings und zum Ausruhen. Er hat fast immer Nervenschmerzen, vor allem an der rechten Wade, in den Fersen und am Rücken.

Unfall als Vollbremsung

Vor dem Unfall hatte David immer Vollgas gegeben: Neben seiner körperlich anstrengenden Arbeit hatte er ein reges Sozialleben und trieb viel Sport. Der Unfall war eine Vollbremsung. «Ich musste mich daran gewöhnen, dass mein Radius nun stark eingeschränkt war», sagt David. Er lebt mit seiner Partnerin Jessica und ihrem Sohn in einer rollstuhlgängigen Wohnung in Savièse. Sein Hobby ist das Rollstuhl-Basketball.

Die Arbeit als Postauto-Fahrer gibt ihm einen Teil seiner Bewegungsfreiheit zurück. Er ist unterwegs, hat viel Kontakt zu Menschen und ist umgeben von der wunderschönen Landschaft in seiner Heimat, dem Wallis. Einen Bürojob konnte sich David nicht vorstellen. So machte er den Führerschein Kategorie D, um sich für Stellen im Transportgewerbe bewerben zu können. Er klopfte auch beim lokalen PostAuto-Unternehmer an. PostAuto zögerte nicht, ihn einzustellen. «David ist ein ausgezeichneter Mitarbeiter mit allen notwendigen Qualifikationen und Kompetenzen», sagt François Comby, Zonenleiter Unterwallis. «Es ist uns, wie in allen Bereichen der Post, wichtig, die Vielfalt unserer Mitarbeitenden in all ihren Facetten zu stärken. Dabei muss die Integration von Menschen mit Beeinträchtigungen eine Selbstverständlichkeit sein.» In seiner Arbeit hat David keine Sonderstellung. Er reinigt das Fahrzeug und montiert Schneeketten, genau wie seine Kolleginnen und Kollegen auch.

Am Schluss der Fahrt hievt David seinen Rollstuhl aus dem Postauto, steigt aus, setzt sich, schliesst die Tür und rollt davon.

David Dubuis, Postauto-Fahrer im Rollstuhl

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Tessin
Zuerst Mechaniker, dann Postauto-Fahrer

Mark Nikollaj (45) war Mechaniker in einer privaten Garage. Wie David Dubuis hatte er einen Arbeitsunfall. Seine Schultern waren verletzt, und trotz zweier Operationen konnte Mark nicht mehr als Mechaniker arbeiten. Die Invalidenversicherung hat ihm eine Umschulung zum Fahrer finanziert. Seit Januar 2018 ist er in einem 80-Prozent-Pensum beim PostAuto-Unternehmen von Fabia und Maura Marchetti in Airolo angestellt. Ein Video zeigt Mark bei der Arbeit als Postauto-Fahrer.

Das italienischsprachige Video stammt vom Event Agiamo Insieme, einer gemeinsamen Initiative von Handelskammer, Industrie-, Handwerk- und Dienstleistungskammer und dem Institut für Sozialversicherungen/Amt für Invalidenversicherung des Kantons Tessin.

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